Sonntag, 8. Juli 2012

Georg Kreisler: Prophet der Euro-Krise



Es wird Zeit, für den grossen Wiener Juden und Wahlbasler Georg Kreisler in der Willensnation eine Heimstatt zu schaffen. „Ich bin kein Prophet“ endet die erste Strophe seines Liedes „Der Euro“ das 1997 auf Tonträger herauskam: im Abstand von nur 15 Jahren dürfen wir feststellen: pure Ironie, oder schelmisches Understatment. Denn genau das ist das Lied: prophetisch im ursprünglichsten Sinne, indem es mit einer bunten Strauss apokalyptischer Bilder auffährt, die seit dem Beginn der Euro-Krise 2010 an Aktualität und Eindringlichkeit nur gewonnen haben. Der Wille der derzeit führenden Politiker der europäischen Staaten der Rettung des Euros die Idee Europas zu opfern findet im Lied seinen klaren Ausdruck:
nur der Euro wird leb’n,
nur den Euro wird’s geb’n,
nur der Euro wird zeig’n, was er kann.
Und er kriecht mit Humor
Aus der Aschen hervor,
und fangt immer von vorn wieder an.

Doch warum in der Willensnation eine Heimstatt? Denn Georg Kreisler hat schon eine sehr schöne im Netz. Zum einen wählte der zeitweilige Wahlbasler die Stadt des grossen Krisen-Propheten Jacob Burckhardt zu seiner zeitweiligen Heimat. Zum anderen ist nicht nur mit dem Jahrgang 1922 ein wetterfester Vor-68er und Vertreter Alt-Europas, sondern auch mit seiner Weigerung weiter Geburtstagswünsche von der österreichischen Republik zu erhalten, die ihm seit 1945 das Bürgerreicht nicht zu erteilen opportun hielt, ein entschiedener Sezessionist. Wie quer er selbst seinen gewogenen Fans nach 2000 mit dem Lied „Der Euro“ erschien, lässt sich in diesem Diskussionsforum verfolgen. Seit 2010 wurde seine Hellsichtigkeit durch die Geschichte bestätigt.
Andererseit ist sein Bekenntnis zum Schweizer Eigensinn: hier in einem Text von 1998 sehr schön geronnen. Kreisler ist also wohl einer, welcher der europäischen Willensnation zugehörig ist. Möge dieses Blogpost seinen Lesern mit seinen Links einige lehrreiche Minuten bescheren! Aber das Lied? Das prophetische Lied gibt es hier.