Montag, 8. November 2010

Zürchs Vermächtnis an die Weltgeschichte

Zur Reformationsgeschichtsschreibung Heinrich Bullingers


Zwei Dutzend Zuhörer hatte Christian Moser anlässlich der zweiten „Bullinger-Wurst“ am Freitag vor dem Reformationssonntag im Oekumenischen Zentrum Wolfhausen (Gde. Bubikon). Vom weltbesten Kenner war Interessantes zur gründlichen Arbeitsweise und heimlichen Wirkung eines der wichtigsten Historikers der Schweiz zu erfahren.

Moser, Oberassistent am Institut für Reformationsgeschichte, gab einen kurzen Abriss von Heinrich Bullingers Leben und beschrieb dessen Machtfülle als „an Zwingli Statt“ berufener Antistes (1531 – 1575, „Vorsteher“) der Zürcher Kirche. Er war nicht nur Kirchenratspräsident, sondern auch Leiter der „Hohen Schule“, Grossmünsterpfarrer, Schulherr (Bildungsdirektor) und nach Calvins Tod (1564) „Vater der reformierten Kirche“. Moser erläuterte die Bedeutung der „Reformationsgeschichtsschreibung“ Bullingers als Beginn seines historischen Spätwerks. Nach dem Tode seiner Gattin, Anna Adlischwyler (1564), nach Abschluss des Tridentinischen Konzils und nach Abfassung des „Zweiten Helvetischen Bekenntnisses“ (1566), setzte er sich hin um das Wirken Zwinglis von 1519 bis 1532, dem ersten Jahr von Bullingers Tätigkeit, möglichst genau und möglichst „unpartheyisch“ zu erzählen. Moser zeigte die theologischen Prämissen zur Historiographie Bullingers auf: Seine Endzeiterwartung, das Studium der Apokalypse, des Buch Daniels und der Glaube, dass sich Gott in der Geschichte äussere und darum die präzise, möglichst quellennahe, objektive Schilderung der Ereignisses genüge, ohne die heilsgeschichtliche Deutung der Ereignisse mitzuliefern. So wurde er zum „modernen“ Historiker vor der Aufklärung. Zur Vollform lief der Referent auf, als er die These seiner preisgekrönten Dissertation „Von der Dignität des Ereignisses“ darlegte. Auf grosses Interess stiessen auch die Ausführungen zur Überlieferungsgeschichte des vierbändigen Werkes, das bis ins 18. Jahrhundert über 200 Mal im Zürichbiet von Hand kopiert wurde und als Quelle aller bedeutenden Historiker der Schweiz bis ins 19. Jahrhundert diente. Moser ergriff die Gelegenheit, in der „gelehrten Kirchgemeinde Bubikon“ für den 1897 gegründeten Zwingli-Verein Werbung zu machen, welcher die internationale Forschung zur Reformation begleitet. http://www.zwingliverein.ch/

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