Montag, 19. März 2012

Tagebuch: Bischof Huonder und die Zwingli-Kirche


Bischof Vitus Huonder steht im Kreuzfeuer der Kritik. Michael Meier hat ihm auf der Front des Tages-Anzeigers wieder einmal die Leviten gelesen und auf News-Netz-Online der Tamedia wird verkündet: „Es gibt noch jemanden über dem Bischof“. Wir gehen wohl nicht falsch in der Annahme, der Online Skribent meinte damit nicht Benedikt XVI. in Rom, sondern den allgütigen, allbarmherzigen, allversöhnenden „Allmächtigen“ der Bundesverfassung unseres Rechts- und Sozialstaates. Was wird dem armen Bischof Huonder zur Last gelegt? Einzig, dass er eine gewisse – der Philosoph Peter Sloterdijk würde es vielleicht „ Vertikalspannung“ nennen – Anstrengung gegenüber dem Gebot der ehelichen Treue dem katholischen Kirchenvolk in Erinnerung rief. Die Nidwaldner Geistlichkeit, die anno 1799 ihre Schäfchen in eine ebenso aussichtslose wie verzweifelte Abwehrschlacht gegen die „gottlosen Franzosen“ hetzte, fährt anno 2012 ihrem Bischof gleich frech übers Maul: der Hirtenbrief bleibt ungelesen. Ehescheidung ist ein Menschenrecht, wie der Kirchenaustritt, der Gipfel Religionsfreiheit ist. Denn in der Schweiz ist das Volk der Souverän und allmächtig. Gerade bei uns Reformierten. So stellte sich der Turbenthaler Pfarrer Urs Niklaus schon gar nicht der Wiederwahl für ein neues reformiertes Pontifikat im frommen Tössthal. Zwar mochte er sich mit seiner – unzeitgemässen! – Praxis, geschiedenen Brautleuten vor der kirchlichen Neuvermählung ein Schuldbekenntnis einzufordern, einige Pluspunkte im Schosse Abrahams ausrechnen, hienieden aber, im Freudental der Schlauraffen, meinte er – vielleicht zu Unrecht – keine Volkswahl bestehen zu können und trat erst gar nicht an. Eigentlich hätte ich gern die Stimmbeteiligung und die wahrlich sowjetischen Zustimmungsquoten für die reformierte Zürcher Geistlichkeit hier stolz kommuniziert. Doch an der Blaufahnenstrasse, wo die Profis wirken, fehlt das Zutrauen in die „Vertikalspannung“ der Kirchgemeindebehörden, die Resultate bis Sonntagabend nach Zürich zu übermitteln. Wir vertrauen auf Gott: er wird uns auch diese Trägheit vergeben.

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