Ausschnitt aus dem "Zwingli-Portal" an der Südseite des Zürcher Grossmünsters
„Denn Gott hat uns nicht den Geist
der Verzagtheit
gegeben,
sondern der
Kraft und der Liebe
und der
Besonnenheit“
2. Timotheus 1, 7
„DER HERR BESCHIRMPT SIN KILCHEN“ so steht es am
Grossmünstertor oben rechts am rechten Flügel des „Zwingli-Portals“ seit dem 1. Januar 1939 in Erz gegossen.
Lange Zeit krönte Zwinglis zuversichtliches Motto der Zürcher Landeskirche
Schriftverkehr. Nun verzichtet man seit einigen Jahren darauf.
Das ist
ehrlicher.
Unsere gegenwärtige Kirche lebt und west unter dem Schirm von
Umfragewerten, soziologischen Expertisen und krausem Ökonomensprech. Diesen
Eindruck gewinne ich, wenn ich die Basler „Vision 15“ und die Zürcher
Rechtfertigung zur geplanten Fusionswelle in Zürich und Agglomeration lese.
Dass nur noch Gemeinden mit 5000 zahlenden Mitgliedern lebensfähig sein sollen,
wird uns da weisgemacht. Diese Kirchenleitungen haben wohl einen anderen Herrn,
als der, von welchem im Evangelium geschrieben steht: „wo zwei oder drei in meinem
Namen versammelt sind, …“ (Mt
18,20). Es geht um mehr als blosse Religionsfragen, es geht um die
kleinräumige Struktur unserer Zürcher Heimat.
Als 1831 die Gemeindeautonomie im
Kanton Zürich verankert wurde, war es den 260 Dänikern ein heiliges Anliegen,
sich mit Ihrer alten Zivilgemeinde aus der Kirchgemeinde „Dällikon-Dänikon“
herauszulösen und - wie in der "Franzosenzeit" eine Munizipalgemeinde - eine eigene politische Gemeinde zu werden. 1833 stellten sie
das Gesuch, 1843 drangen sie durch, 1865 hatten sie aus eigenen Mitteln Spritze
und Spritzenhaus finanziert, ab 1876 ihre eigene Schule! Männer mit Schnauz!
Und unsere heutigen Kirchenstrategen? Wir sollen nur noch mit Segen von
Zwinglis Nachfolger „Gemeinde“ sein dürfen, wenn 5000 getaufte, willige Schäfchen
ihr "bereit" zur Kirchensteuer blöken? Wo bleibt, da der „gute
Hirte“, der die 99 Schafe stehen lässt (Lk. 15), um dem 100. entlaufenen
Schäfchen nachzusteigen? Solches Herdenmanagement unserer Kirchenführer
erinnert eher an den „gerissenen“ (Zürcher, 2007), oder eben vielleicht doch
„unehrlichen“ (Luther) Ökonomen („Verwalter“) (Lk. 16). Auch sie leben wohl in
„Partnerschaft“ mit den Subakkordanten der Zeit: mit akademischen Erbsenzählern, Futurologen
und Managementberatern. Als 1938 Zwinglis Motto in der Glockenfabrik Rüetschi
in Aarau in Erz gegossen wurde, gründete Hitler sein 1000jähriges Reich,
Synagogen brannten und bekennende Christen wurden verfolgt. Trotzdem wuchs in
jener Epoche der Anteil der Reformierten
in der Zürcher Bevölkerung.
Die Kirchgemeinde Dällikon-Dänikon aber soll im
Jahre des Herrn 2012 mit 1‘821 zahlenden Mitgliedern nicht mehr lebensfähig
sein? Reformiert Bubikon mit „nur“ 3‘045 Kirchenmitgliedern ein
Fusionskandidat? Sollten unsere zeitgenössischen Kirchenlenker dereinst im
Himmel auf einen einzigen Däniker Feuerwehrmann der "guten alten Zeit"
treffen: dieser wird ob ihrem verzagten Kleinmut in ewiges homerisches Gelächter ausbrechen.
Diese Kolumne wurde von der Redaktion der "reformierten presse" abgelehnt und dann im Vorfeld der Zürcher Kirchenpflege-Tagung vom 8. September auf der Home-Page der reformierten Kirchegemeinde Bubikon freigeschaltet, wo sie eifrig gelesen wurde. Am Mittag des 9. Septembers wurde die Kolumne durch die Predigt von Pfr. Thomas Muggli zum Thema ersetzt.
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