Wer für Zeitungen schreibt, bemerkt unweigerlich die Auswirkungen der Krise. Es gibt immer weniger Titel, die überlebenden müssen sparen und sie drängeln mutlos alle zu jenem „Mainstream“, wo keine Inserenten vergrault werden und keine Kündigungen drohen. „Ich möchte sie davor bewahren, dass diese These mit ihrem Namen gedruckt wird“ äusserte unlängst ein sicherlich wohlmeinender Redaktor einer grossen Zürcher Zeitung mir gegenüber.
Darum gehe ich ab und zu in eine reformierte Kirche „z’Predigt“. Denn in der reformierten Predigt, der Mutter der freien Rede, ist die Freiheit der Verkündigung seit der Reformation gut aufgehoben: ohne Rücksicht auf Inserenten, mit der Verpflichtung zur Erbauung und gebunden an einen 3000-jährigen Speicher von Weisheit (Bibel), der die besten Dichter deutscher Sprache inspiriert hat: vom linken Bertolt Brecht bis zum bürgerlichen Thomas Mann.
Und ich möchte allen Empfängern dieser Kolumne dafür danken, dass sie weiterhin bei der Steuererklärung das Kreuzchen bei „reformiert“ machen und mir diesen geistigen Genuss gönnen. Herzlichen Dank, liebe Kirchensteuerzahler. Sie finanzieren den Kultus, sorgen dafür, dass „die Kirche im Dorf“ bleibt, dass in unserer durchkommerzialisierten Marketingwelt am Sonntag das lebendige Gotteswort, frisch ausgelegt von der Kanzel gepredigt wird. Und vorallem verzichten Sie mehrheitlich grosszügig darauf selber „z’Predigt“ zu gehen. Dank Ihrer stillen Gönnermitgliedschaft habe ich, auch wenn ich etwas knapp vor dem letzten Glockenschlag am freundlichen Sigrist vorbei in die saubere Kirche husche, bei diesem „Event“ noch stets einen Sitzplatz gefunden.
(Kolumne für den Chile-Blick, der Kirchgemeinde Bubikon-Wolfhausen vom 24.4.2009)
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