Dienstag, 25. Oktober 2011

#occupyparadeplaz in der reformierten presse

Liebe Besetzer des Lindenhofs, folgende Kolumne erschien am vergangenen Freitag, den 21. Oktober in der "reformierten presse", dem Organ, das alle Pfärrer, Kirchenpfleger, Kirchenleitungen und Angestellten der reformierten Landeskirchen (in allen Kantonen) der Schweiz zu sehen bekommen.
Hier im Blog ist auch die in der Kolumne erwähnte Karte beigefügt. Damit es alle sehen und lesen und nachvollziehen können. Zürich ist die Wiege der Reformation, wo der "Geist des Kapitalismus" (Max Weber) flügge wurde. Vielleicht kann hier aus den Aschen des alten Finanzplatzes ein neuer Phönix auferstehen.

Die Spitze von Manhatten 1703, einst "Neu-Amsterdam" dann "New York" mit der Wall-Street






Seit letztem Wochenende wird auch in Zürich demonstriert. Eine ältere Frau, die am Fusse des Bachtels vor allem der Kontemplation lebt, ist auch aufgebrochen und hat sich unter die demonstrierende Jugend gemischt. Ein grosser Umbruch sei im Gange, beschied sie mir. Ist Religion doch kein Opium, wenn diese Frau die Klause der Kontemplation verlässt und sich unter die Jugend mischt? Ist es Abrahams alter Ur-Durst nach Gerechtigkeit, der sich hier Bahn bricht und über den Atlantik wieder nach Zürich zurückbrandet? „Wall-Street“ ist zur Chiffre für das börsentechnische Babel geronnen. Die „Märkte“ sind der Moloch unserer Tage. Die „unsichtbare Hand“ - von Adam Smith als gütige Linke des Schöpfers gedacht - ist zur scheffelnden Schaufel ruchloser Gierhälse verkommen. Was sagen wir Reformierte dazu? Steht hier nicht die jüdisch-christliche Tradition des „Guten Hirten“ auf dem Spiel? Dieser in gefestigtem Gottvertrauen vorausschauende, gerechte Hüter und Heger, der auf dem Fünfliber prangt. Er ist umgeben von den 13 Sternen der 13 Orte der Alten Eidgenossenschaft und dem der Vulgata entnommenen Motto: „Dominus providebit“. Diesem Ethos des Guten Hirten dankt Wall-Street ihren Aufstieg zum Nabel des Finanzvertrauens. Im historischen Atlas von New York (Henry Holt&Company, 1994) ist auf Seite 40 ein Plan von New York um 1703 zu sehen. Wir sehen da, das geistliche Fundament der heutigen „Wall-Street“. Da lag südlich die „Old Dutch Church“ (Calvinisten), Richtung Broadway das „Presbyterian Meeting House“ (Calvinisten) am Broadway neben der Trinity Church war die „Lutheran Church“, weiter nördlich die „French Church“ (Hugenotten) und noch weiter die „New Dutch Church“ (Calvinisten). Die Wurzeln der „Wall-Street“ liegen also in Zürich, wo 1519 ein Hirtensohn aus dem Toggenburg ausgestattet mit Hirtenherz und -gewissen und dem besten Humanistenwissen seiner Zeit die Kanzel des Grossmünsters bestieg. „Tut um Gottes Willen etwas Tapferes“ Wer hört ihn heute?

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